Ein guter Fragebogen hinterlässt einen bleibenden Eindruck – ein schlechter leider auch
Auch im neuen Jahr geht es weiter mit unseren Marktforschungs-Fundstücken. Unsere Kolumne, die aufzeigt, dass Marktforschung im Idealfall die Customer-Experience zwar verbessern sollte, sie aber auch das Zeug dazu hat, den Kundenkontakt total zu ruinieren. Und zwar durch die schlechte Umsetzung von Fragebögen, wie unsere Serie skurriler oder einfach nur schlecht umgesetzter Fragen- und Antwortbeispiele aus Online-Studien zeigt.
Dieses Mal kommen die Beispiele von meinem Research-Kollegen Prof. Dr. Holger Lütters von pangea labs – herzlichen Dank für die Einsendung an Fundstueck@greenadz.de !
Nachdem wir uns beim letzten Mal um das Thema schlechte Übersetzungen in Kundenbefragungen gekümmert haben, geht es heute um die Randomisierung.
Darunter versteht man, die zufällige Anordnung von Objekten wie zum Beispiel Items innerhalb einer Frage, um eine systematische Verzerrung der Ergebnisse in der Analyse auszuschliessen. Das macht z.B. Sinn bei Abfragen zur Markenbekanntheit oder zur Werbeerinnerung, um zu vermeiden, dass die ersten drei Marken einer Liste systematisch häufiger genannt werden als die letzten drei (vgl. Primacy-Recency-Effekt).
Außerdem ist hier bei der Programmierung zu beachten, dass Items wie „Keine davon“ oder „keine Angabe“ grundsätzlich am unteren Teil der Antwortenliste fixiert werden sollten, um sich nicht ebenso zufällig unter die abgefragten Marken zu mischen.
Bei der Soziodemografie machen Randomisierungen weniger Sinn – die Befragten sind es gewohnt, durch die klassischen Fragen recht schnell durchzuklicken. Aber man kann den User auch ärgern und ihn in der zufällig gewürfelten Liste nach seinem Bundesland – oder dem nächstgelegenen Close-Button – suchen lassen:
Eine alphabetische Reihenfolge wäre ja auch zu simpel gewesen ;o)
Wenn es dann um Antwortoptionen geht, bei denen eine gewisse Reihenfolge gelernt ist, führt der falsche Einsatz einer Randomisierung vollends zur Verwirrung, oder finden Sie Ihre richtige Einkommensklasse in folgendem Beispiel?
Und falls Sie die Frage nicht beantworten wollen, schätze ich, dass Sie nur weitergekommen wären, wenn Sie das Item in der Mitte der Liste aufgespürt hätten. Die vermeintliche Alternative, einfach auf den Weiter-Pfeil zu klicken, hätte wahrscheinlich zur gemeinen Fehlermeldung: „Bitte vervollständigen Sie Ihre Angaben!“ geführt. Das ist ja mein persönlicher Liebling bei Online-Befragungen ;o)
Doch dem Thema, an welchen Stellen Pflichtfragen Sinn machen, und wie man Usern damit den letzten Nerv rauben kann, widmen wir uns in einer der nächsten Ausgaben…
Dieser Beitrag ist ebenfalls im GreenAdz-Blog erschienen: Hier geht es zu den bisher erschienenen Mafo-Fundstücken Nummer 1 und Nummer 2.
Haben Sie Beispiele? Wie immer freuen wir uns über Zusendungen via E-Mail an: Fundstueck@greenadz.de
Unser Dank ist dem Spender gewiss! Wie immer werden jegliche Absender(institute) vorher anonymisiert, denn wir wollen kein Kollegen-Bashing betreiben, sondern nur dafür sensibilisieren, der Fragebogenqualität ausreichend Aufmerksamkeit zu schenken. Denn ein guter Fragebogen hinterlässt einen bleibenden Eindruck, ein schlechter leider auch…
Also: Bei der nächsten Customer Experience als Befragte(r) immer an uns denken und einen Screenshot machen!
Herzliche Grüße,
Sandra Gärtner
Über die Autorin: Dr. Sandra Gärtner ist nicht nur mediaresearch42 sondern als Research-Profi mit Leidenschaft und grüner Seele auch Mitgründerin des Marktforschungs- und Technologiedienstleisters GreenAdz aus Hamburg.